Im folgenden Blog geht es um das für Hobbybrauer leidige Thema Oxidation. Ganz einfach gesagt ist Oxidation (im Bierbereich) das Interagieren von Sauerstoff mit Bier. Die meisten Vorgänge, die das Bier altern lassen, ob selbstgebraut oder gewerblich hergestellt, sind oxidative Vorgänge. Dabei reagiert das Bier mit dem Sauerstoff, der in das Bier beim Brauen oder Abfüllen eingetragen wurde.
Veränderungen bei Bier durch Oxidation
Oxidation von Bier macht sich auf verschiedene Arten bemerkbar. Bei hellen Bieren macht sich Oxidation schnell durch eine Verdunkelung der Bierfarbe bemerkbar. Anfangs helles Bier zeigt sich im Glas dann in Brauntönen.
Geschmacklich äußern sich oxidative Veränderungen im Bier durch eine empfindliche Abschwächung des Aromas. Der Geschmack des Bieres wird flacher und bekommt einen unrunden Gesamteindruck. Oxidation macht sich aber nicht nur durch eine aromatische Abschwächung in deinem Bier bemerkbar, sondern kann auch ganz neue Geschmäcker in dein Bier bringen.
Farb-Vergleich: 5 Monate altes hopfengestopftes Helles, abgefüllt ins Keg via Pressure Transfer (links) und abgefüllt mit einem Abfüllröhrchen (rechts)
OXIDATIVER ABBAU VON AROMEN
Besonders die Hopfenaromatik ist sehr empfindlich auf zuviel Sauerstoff-Eintrag im Bier. Sowohl die feine Hopfenbittere, die Hopfenblume wie auch das Hopfenaroma können innerhalb kurzer Zeit merkbar abnehmen. Grund dafür ist die Oxidation von Hopfenölen und der iso-Alphasäure. Die Hopfenaromen verschwinden mit fortschreitender Oxidation, während die feine Hopfenbittere durch eine harschere, nachhängende Bittere ersetzt wird.
Auch Biere, die von ihrer Hefearomatik leben (z. B. alle Arten von Weißbier), verlieren ihre charakteristische Aromatik, da die geschmacksgebenden Ester direkt oxidiert werden.
Farbliche Veränderung von New England IPAs nach 2 Monaten ab Abfüllung, verursacht durch Oxidation.
Links: Abgefüllt mit Gegendruckfüller aus dem Keg.
Mitte: Abgefüllt mit einem Abfüllröhrchen und vorherigem CO2-fluten der Flaschen.
Rechts: Abgefüllt mit der Abfüllpistole.
ENTSTEHUNG NEUER AROMEN
Durch Oxidation können auch neue (Fehl)Aromen wie ’nasser Karton‘ oder ’schwarze Johannisbeere‘ in deinem Bier entstehen. Wenn Bier besonders lange und zudem noch zu warm gelagert wird, kann dein Bier auch nach Karamell, Brot oder kirschig-alkoholisch nach Sherry riechen und schmecken. Jahrelang warm gelagerte Stouts etwa verlieren fast komplett ihre Röstaromatik und sind geschmacklich einem belgischen Quadrupel ähnlich.
Generell ist anzumerken, dass die geschmackliche Stabilität deines Bieres mit dem gebrauten Stil zusammenhängt. Hopfenbetonte Biere wie IPAs (besonders NEIPAs) sind aufgrund der hohen Menge an oxidierbaren Hopfenölen schon nach kurzer Zeit sehr anfällig auf geschmackliche (und farbliche) Verschlechterungen. Auch bei Leichtbieren oder gehopften hellen Bieren machen sich Oxidationserscheinungen schnell bemerkbar, da es zu wenig geschmacklichen Puffer gibt, der die oxidierten Aromen kaschieren kann. Im Gegensatz dazu sind kräftige, dunkle Bierstile wie Porter oder Bockbiere unempfindlicher für wahrnehmbare oxidative Veränderungen.
Was kann ich gegen Oxidation tun?
Um Oxidation zu minimieren, sollte der Sauerstoff-Eintrag („Plätschern“ der Würze/Jungbiers) während des gesamten Brau- und Abfüllprozesses so gering als möglich gehalten werden. Der Eintrag von Sauerstoff im Kaltbereich (bspw. durch Umschlauchen oder Abfüllen von Jungbier) ist dabei wesentlich kritischer als im Heißbereich, da die Einwirkzeit des eingebrachten Sauerstoffs im Kaltbereich deutlich länger ist. Zudem wird der allergrößte Teil an eingebrachtem Sauerstoff im Heißbereich beim Kochen ausgetrieben bzw. während der Gärung durch die Hefe wieder verstoffwechselt.
Best Practice: Abfüllen in Kegs
Die sicherste und beste Methode, um Oxidation in deinem Bier zu minimieren, ist das Abfüllen in Kegs mittels Closed Transfer. Dabei wird das Keg vor dem Befüllen mit CO2 gespült, anschließend füllst du das Bier über den NC-Bieranschluss mit einem Abfüllset ins Fass. Besonders empfehlenswert ist diese Methode bei für Oxidation anfälligen Bierstilen wie IPAs, NEIPAs, gestopftem Hellen oder Leichtbieren. Weiterführende Infos zur Handhabung von Kegs findest Du in unserem Blogbeitrag Einstieg ins Kegging.
Alternativ kann das Keg auch mit offenem Deckel mit einem bis zum Kegboden reichenden Abfüllschlauch befüllt werden. Diese Methode kann bei allen anderen Bierstilen angewendet werden. Wenn du dein Fassbier auch in der Flasche genießen willst, musst du das Bier mittels Gegendruckabfüller (iTap oder manueller GDA) abfüllen.
Abfüllen in Flaschen: Verwendung eines Abfüllröhrchens statt einer Abfüllpistole
Wenn du beides zuhause haben solltest, ist die Verwendung des Abfüllröhrchens bei auf Oxidation empfindlichen Bieren empfehlenswerter, da bei Abfüllung mit Abfüllpistole mehr Sauerstoff ins Bier eingetragen wird. Um das Sauerstoff-Niveau in der Flasche so gering als möglich zu halten, sollte die Flasche möglichst voll gefüllt werden. Dadurch wird der Sauerstoff-enthaltende Kopfraum so klein als möglich gehalten. Weiters kannst du auch versuchen, das Bier vor dem Verschließen zum Überschäumen zu bringen und danach zu verschließen („Capping on foam“) . Durch das Aufschäumen wird der Sauerstoff weitestgehend aus dem Flaschenhals verdrängt. Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, kann die Flaschen vor der Abfüllung mit CO2 spülen.
Kühle Lagerung von Bier
Dein Bier oxidiert schneller, je wärmer du das Bier lagerst. Der optimale Temperaturbereich für die Lagerung von Bier liegt zwischen 0°C und 7°C. Wenn möglich, sollten die Biere aufrecht gelagert und nicht zu viel bewegt werden.
Weiterführende Informationen
Wenn du dich noch mehr mit dem Thema Oxidation auseinandersetzen willst, empfehlen wir als weiterführende Lektüre Bier brauen von Jan Brücklmeier und den Artikel im Braumagzin zum Thema Oxidation.