Heimbrauer haben immer wieder die Möglichkeit, bei Hobbybrauwettbewerben ihr Können unter Beweis zu stellen. Bei Veranstaltungen wie der Austrian Beer Challenge oder der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer warten auf Heimbrauer Ruhm und Ehre, aber auch so mancher Sachpreis. In der Natur der Sache liegt es auch, dass die meisten Teilnehmer nicht gewinnen. So mancher Brauer, der erst am Beginn seiner Karriere steht, zögert daher, bei solchen Bewerben mitzumachen. Dabei wäre es besonders für Hobbybrauer, die noch mehr oder weniger am Anfang ihrer Braukarriere stehen, eine gute Idee, ihr Können unter „Wettkampfbedingungen“ zu testen. Warum dies so ist und wie man sich auf einen Brauwettbewerb richtig vorbereitet, erklären wir für dich im folgenden Blog.
Warum an einem Hobbybrauwettbewerb überhaupt teilnehmen?
Als Hobbybrauer ist es manchmal schwierig, eine ehrliche Meinung zu seinem selbstgebrauten Bier zu bekommen. Freunde und Bekannte geben nur in den seltensten Fällen kritisches, fachlich fundiertes Feedback. Für jeden Heimbrauer, ob Beginner oder Veteran, ist daher der größte Nutzen bei der Teilnahme an Wettbewerben das Erhalten einer unparteiischen und ehrlichen Bewertung.
Die allermeisten Juroren bei Wettbewerben sind Biersommeliers oder erfahrene Brauer, die sehr präzise ein Bier nach bestimmten Kriterien und Vorgaben beurteilen können. Bei der Bewertung kommt es dabei weniger darauf an, ob das Bier demjenigen persönlich schmeckt, sondern wie gut die Vorgabe eingehalten wurde. Im Feedbackbogen für dein Bier, das du normalerweise nach einem Wettbewerb bekommst, wird bei nicht so gut gelungenen Bieren auf mögliche Fehlerursachen eingegangen; im besten Fall bekommst du natürlich überschwängliches Lob.
Tipps für einen erfolgreiches Abschneiden bei Wettbewerben
1.) Kenne die Wettbewerbsvorgabe oder folge den Bierstil-Richtlinien
Bei Hobbybrau-Bewerben gibt es stets eine Wettbewerbsvorgabe, die eingehalten werden sollte. Reiche nicht einfach ein Bier ein, das bei dir zuhause noch im Kühlschrank steht und möglicherweise die Kriterien nur zur Hälfte erfüllt.
Ist ein bestimmter Bierstil erwünscht, sind die vom Beer Judge Certification Program (BJCP) veröffentlichten Stilrichtlinien zumeist geltend. Wenn aber etwa die Vorgabe offener gehalten ist, wie es etwa beim Homebrewers Clash 2022 (Ziel: „Kommerzielle Attraktivität und Wow-Faktor“) war, muss abgewogen werden, welche Bierstile infrage kommen. Bierstile wie hopfige Lager oder Pale Ales werden dabei sicher besser abschneiden als ein Alt oder Black IPA.
Des Weiteren ist immer auch ein Auge auf die technischen Richtlinien für das einzureichende Bier zu werfen, die von den Wettbewerbsveranstaltern vorgegeben werden. So waren etwa bei der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer 2022 die Verwendung von Zusätzen jeglicher Art (Laktose, Kakaonibs….) nicht erlaubt.
2.) Probieren geht über studieren
Wenn du dich für einen Bierstil entschieden hast, kommt eine angenehme Aufgabe auf dich zu. Zu Recherchezwecken ist es sinnvoll, vor dem Brauen ein paar kommerzielle Vertreter deines gewählten Bierstils zu verkosten. Mache dir beim Verkosten Notizen, was genau dir besonders gut oder nicht am Bier gefallen hat und wie dies im Vergleich zu den Wettbewerbsvorgaben oder dem BJCP-Vorgaben steht.
Extra-Tipp: Achte beim Bier-Verkosten auf folgende Dinge:
- die richtige Trinktemperatur des Biers. Wenn Biere zu kalt getrunken werden, entfalten sie nicht ihre volle Aromatik. Die ideale Trinktemperatur steigt für gewöhnlich mit dem Alkoholgehalt des Biers an. So sind 6-8°C für helle Biere wie Pils, Kölsch oder Weizen zu empfehlen, 8-9°C für Pale Ales oder IPAs und 9-12°C für stärkere Biere wie Bockbiere, Triple IPAs oder Stouts.
- eine passende Bierglaswahl. Zwar gibt es mittlerweile für jeden Bierstil das passende Bierglas. Als Kompromiss kannst du aber ein gutes Weißweinglas für alle Bierstile verwenden.
3.) Timing ist alles – Rechtzeitig brauen und ausreichend lagern
Wie du sicher schon öfters gehört und bei deinen eigenen Bieren gemerkt hast, gibt es einen zeitlichen Bereich, in dem Biere ihren geschmacklichen Höhepunkt erreichen. Und in genau diesem zeitlichen Fenster sollte auch dein Bier sein, wenn es am Wettbewerb verkostet wird. Was das für dich bedeutet? Rechtzeitig brauen! Aber beachte, unterschiedliche Bierstile haben unterschiedlich lange Reifezeiten. Zudem musst du bedenken, dass unterschiedliche Bierstile auch unterschiedlich lange Gärungen haben. Wenn du also ein knackiges Pils bei 8°C vergärst, kann das Bier schon bis zu 3 Wochen brauchen, bis du es abfüllen kannst. Und umgekehrt brauchen Biere, die etwa mit einer Kveik-Hefe bei hohen Temperaturen vergoren werden nur wenige Tage, bis sie in der Flasche oder im Keg landen. Auch andere zeitlich relevante Faktoren wie Hopfenstopfen oder Flaschengärung musst du in deinen Zeitplan einkalkulieren.
Folgend findest du einen groben Zeitplan für einige Bierstile. Wenn du mit Flaschengärung arbeiten solltest, kommt zu den vorgeschlagenen Zeitfenster noch eine Woche extra hinzu.
Bierstil
American, German & English Ales unter 6% Vol.
American, German & English Ales mit 6%-8% Vol.
Hopfige Ales (Juicy, Hazy IPAs/Pale Ales) unter 6% Vol.
Hopfige Ales über 6% Vol.
leichtere belgische Bierstile
stärkere belgische Bierstile
leichtere helle Lagerbiere(<5,5% Vol. Alk.)
mittelstarke Lagerbiere ( bis 7% Vol. Alk.)
starke, unhopfige Lager & Ales mit mehr als 8% Vol.
Brautag
5-6 Wochen vor dem Bewertungstag
7-8 Wochen vor dem Bewertungstag
3-4 Wochen vor dem Bewertungstag
5-6 Wochen vor dem Bewertungstag
5-6 Wochen vor dem Bewertungstag
3-4 Monate vor dem Bewertungstag
8-10 Wochen vor dem Bewertungstag
mind. 3 Monate vor dem Bewertungstag
6 Monate oder länger
4.) Das richtige Rezept
Wenn es daran geht, sich für ein Rezept zu entscheiden, ist es sinnvoll auf Bewährtes zu vertrauen. Nimm ein von dir bereits erprobtes Rezept und verändere es bei Bedarf ein bisschen nach den Erkenntnissen, die du beim Verkosten der kommerziellen Biere gesammelt hast. Wenn es um die Adaption von Rezepten auf andere Brauanlagen geht, ist es am besten, bei der Schüttung in Prozenten (z.B. x% Pilsner Malz, y% Wienermalz) und bei Hopfen in Gramm pro Liter zu rechnen. So kannst du auch leichter Rezepte graduell an deine Vorstellungen anpassen. Oder du nimmst einfach ein MashCamp-Rezept. Mit denen ist schon so mancher Hobbybrauer Österreichischer Staatsmeister geworden.
5.) Gut vorbereitet (und gebraut) ist halb gewonnen
Es ist so einfach wie wichtig: wenn der Brautag für dein Wettbewerbsbier gekommen ist, achte darauf, das alle Dinge, die du kontrollieren kannst, perfekt vorbereitet sind. Nutze den Anlass für eine Komplettreinigung (mit Chemipro Wash oder PBW) und Desinfizierung (mit Chemipro San oder Oxi) der Brauanlage und des Gärtank. Kontrolliere, ob du alle Zutaten für dein Rezept hast. Achte auf die richtigen Haupt- und Nachgussmengen, halte dich an deinen Maischplan und die Zeiten für die Hopfengaben.
Kühle deine Würze so rasch als möglich (nach der Nachisomerisierung) im Braukessel auf Anstelltemperatur. Vermenge wirklich erst bei erreichter Anstelltemperatur ausreichend vitale Hefe (bei Verwendung von Flüssighefe: mache rechtzeitig einen Starter!) mit deiner Würze. Kontrolliere so gut es geht deine Gärtemperatur oder verwende eine Hefe, die für deine Gegebenheiten passend ist. Bedenke: eine richtig gewählte Gärtemperatur in Kombination mit der passende Hefe ist einer der wichtigsten Faktoren auf dem Weg zu einem guten Bier. Wenn die Gärung abgeschlossen ist (3 Tage länger im Gärtank sind besser als 1 Tag zu früh), versuche beim Abfüllen den Eintrag von Sauerstoff so gut wie möglich zu vermeiden (siehe Oxidation: Der schlimmste Feind des Brauers).
Wenn dein Bier nach dem Abfüllen und abgeschlossener Nachgärung genügend Zeit für die Reifung hat (ideal im Kühlschrank), hast du deinen Teil für ein gutes Abschneiden bei einem Wettbewerb beigetragen.
Abschließende Tipps:
Richtige Karbonisierung
Unterschätzt, aber sehr wichtig für den Erfolg bei Wettbewerben ist es, ein richtig karbonisiertes Bier zu haben. Bei den allermeisten Bierstilen ist es sinnvoll, das Bier etwas (!) überzukarbonisieren. Denn bei der Verkostung bei Wettbewerben braucht es vom Zeitpunkt des Einschenkens bis zum Verkosten immer etwas an Zeit; dabei verliert das Bier leicht an Kohlensäure. Besonders ist dies für Brauer zutreffend, die mit einem Gegendruckabfüller aus dem Keg abfüllen. Beim Abfüllen mit iTap & Co gibt es immer leichte CO2-Verluste, die mit einer Erhöhung des Spundungsdruck von 0,1bar ausgeglichen werden können.
Auf der Suche nach dem letzten Schliff
Wir wissen, dass alle nur mit Wasser brauen, daher muss der Teufel im Detail stecken. Was ein gutes Bier von einem außergewöhnlichem unterscheidet, sind meistens kleine Kniffe im Prozess. Du suchst nach einem volleren Geschmack bei einem Leichtbier? Versuche dein Bier ohne Nachguss zu brauen. Du willst mehr Karamellaroma im Stout? Dann erhöhe die Kochzeit auf 4-5 Stunden. Du möchtest deinem Bier ein leichtes Cookie-Aroma verpassen? Dann röste deine Haferflocken vor dem Brauen für 30-45min im Backrohr bei 150°C. Vielleicht verwendest du auch bei deinem nächsten IPA die doppelte Menge an Stopfhopfen wie normal.
Im Gegensatz zu Bieren, die man zuhause trinkt, ist es bei Wettbewerbsbieren auch zielführender, sich eher am oberen Rand der vorgegebenen Alkohol-Angaben zu bewegen. Bei Wettbewerben steht der Geschmack deines Biers in direkter Konkurrenz mit zahlreichen anderen Bieren, die stiltechnisch deinem mehr oder weniger ähnlich sind. Alkohol ist bekannter Maßen ein Geschmacksträger; dein Bier wird eher herausstechen, wenn es etwas kräftiger und intensiver schmeckt als die Konkurrenz.
Wir wünschen allen Hobbybrauern viel Erfolg bei den Wettbewerben, aber vor allem weiterhin viel Spaß und Freude am besten Hobby der Welt. Allzeit Gut Sud!